Probleme

Winterdepression

Die saisonale affektive Störung (SAD) ist eine Form der rezidivierenden Depression oder bipolaren Störung, die zu bestimmten Zeiten des Jahres kommt und geht. [1] Die häufigste Form ist die Winterform W-SAD, umgangssprachlich “Winterblues” genannt. In Österreich sind etwa 2,4 % der Menschen von SAD betroffen, wobei die Häufigkeit in Richtung Norden zunimmt. [1] In Finnland erfüllen 9,5 % der Bevölkerung die Kriterien einer Winter-SAD und 18,5 % eine sub-syndromale Form davon. [2] In einer Umfrage in Deutschland gab etwas weniger als ein Drittel der Befragten eine beeinträchtigte Stimmung während der Winterzeit an. [3]

SAD wird mit einer verzögerten zirkadianen Phase in Verbindung gebracht. Menschen mit einem verzögerten Schlafphasensyndrom (DSPS) haben eine 3,3-fach höhere Wahrscheinlichkeit, an SAD zu erkranken. [1] Der Schweregrad korreliert mit dem Ausmaß der Verzögerung.

Lichttherapie

Die helle Lichttherapie (BLT) ist die Behandlung der ersten Wahl bei der saisonalen affektiven Störung. Die empfohlene Einstellung ist eine Exposition mit 7000-10000 Lux weißem Breitspektrumlicht für 30 Minuten jeden Morgen für mindestens 2 Wochen. Wenn natürliches Tageslicht nicht zur Verfügung steht, ist die typische Lichtquelle eine Tageslichtlampe, aber Lichttherapiebrillen sind eine aufkommende Alternative. Der genaue Zeitpunkt hängt vom individuellen Chronotyp ab und sollte gemeinsam mit einem Arzt festgelegt werden. BLT kann die Symptome von SAD bereits nach einigen Tagen verbessern und ist am effektivsten, wenn sie konsequent jeden Tag zur gleichen Zeit durchgeführt wird. [5]

Es wird angenommen, dass Licht die Stimmung über zwei Wege positiv beeinflusst:

Die konsequente Belichtung stabilisiert und verstärkt den zirkadianen Rhythmus. Die Synchronisation zwischen zirkadianer Uhr und äußerem Zeitplan scheint von Vorteil zu sein, da BLT am Morgen nachweislich effizienter ist als BLT zu anderen Tageszeiten. [5]
Licht moduliert die Verfügbarkeit von Serotonin und anderen Monoaminen, die ein kritischer Faktor bei affektiven Störungen und der Schlafregulation sind. [5]
Die genauen Mechanismen hinter BLT sind noch ein aktives Forschungsgebiet.

Dämmerungssimulation

Künstliche Morgendämmerung hat sich ebenfalls als wirksame Gegenmaßnahme gegen SAD erwiesen. Die Dämmerungssimulation beginnt etwa 90 Minuten vor dem geplanten Aufwachen mit einer sehr geringen Intensität (0,001 Lux) und steigert sich dann langsam bis zu einem Maximum von ~300 Lux bis zur geplanten Weckzeit. [5] In einer Studie konnte die Dämmerungssimulation die Symptome von SAD um 49,5% verbessern, während die BLT die Symptome um 57,1% verbesserte. [6] Da es für viele Menschen schwierig ist, sich an einen vorgegebenen morgendlichen BLT-Zeitplan zu halten, [7] könnte die Dämmerungssimulation eine attraktive Alternative darstellen.
Der Vorbehalt hierbei ist, dass die in den Studien verwendeten Lichtquellen einen diffusen, weiten Beleuchtungsbereich hatten, der unabhängig von der Schlafposition der Menschen eine angemessene Beleuchtung bot. Dies ist bei kommerziellen Weckleuchten und ihrem kleinen Leuchtfeld nicht der Fall. Daher ist die Dämmerungssimulation mit kommerziellen Aufwachleuchten keine offiziell empfohlene Behandlung für SAD. [5]

Fazit

Der Mangel an Sonnenlicht im Winter kann eine ernsthafte Bedrohung für die Stimmung darstellen. Der Winterblues scheint mit einer verzögerten zirkadianen Phase in Verbindung zu stehen. Lichtanwendungen am Morgen haben das Potenzial, saisonale affektive Zustände zu heilen oder zu lindern. Sie kommen in Form von heller Lichttherapie als Behandlung der ersten Wahl sowie der Dämmerungssimulation als mögliche Alternative.

Wenn Sie feststellen, dass Sie unter SAD leiden, suchen Sie bitte professionelle medizinische Hilfe auf. Wenn Sie planen, eine Lichttherapie in Ihre morgendliche Routine einzubauen, finden Sie Informationen zur Auswahl geeigneter Geräte in unseren Artikeln zu Tageslichtlampen und Lichttherapiebrillen.

Referenzen

[1] Pjrek, E., Baldinger-Melich, P., Spies, M., Papageorgiou, K., Kasper, S., & Winkler, D. (2016). Epidemiology and socioeconomic impact of seasonal affective disorder in Austria. European Psychiatry, 32, 28–33. https://doi.org/10.1016/j.eurpsy.2015.11.001

[2] Saarijärvi, S., Lauerma, H., Helenius, H., & Saarilehto, S. (1999). Seasonal affective disorders among rural Finns and Lapps. Acta Psychiatrica Scandinavica, 99(2), 95–101. https://doi.org/10.1111/j.1600-0447.1999.tb07206.x

[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/38402/umfrage/stimmung-im-winter/, accessed on 2021/01/24

[4] Lee, H. J., Rex, K. M., Nievergelt, C. M., Kelsoe, J. R., & Kripke, D. F. (2011). Delayed sleep phase syndrome is related to seasonal affective disorder. Journal of Affective Disorders, 133(3), 573–579. https://doi.org/10.1016/j.jad.2011.04.046

[5] Wirz-Justice, A., & Bromundt, V. (2013). Lichttherapie. Schlaf, 2(01), 20-29.

[6] Terman, M., & Terman, J. S. (2006). Controlled trial of naturalistic dawn simulation and negative air ionization for seasonal affective disorder. American Journal of Psychiatry, 163(12), 2126–2133. https://doi.org/10.1176/ajp.2006.163.12.2126

[7] Oren, D. A., Shannon, N. J., Carpenter, C. J., & Rosenthal, N. E. (1991). Usage patterns of phototherapy in seasonal affective disorder. Comprehensive Psychiatry, 32(2), 147–152. https://doi.org/10.1016/0010-440X(91)90007-Y

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